Die letzten Wochen waren der Wahnsinn. Die Schule hat uns voll im Griff. Da heißt es organisieren, helfen, drucken, scannen, hochladen, übersetzen, Tränen trocknen, frische Luft schnappen, ach ja und nebenbei noch putzen, kochen, waschen…Aber das Wichtigste ist, wir sind alle gesund, uns fehlt es an Nichts und wir können zusammen lachen.
Aber jetzt erst mal ganz von Vorne. Ich weiß nicht mehr, ob es Freitag oder Samstag war. Auf jeden Fall war es das Wochenende 14./15. März 2020. Wir haben uns mit den anderen beiden deutschen Familien oben im Wald getroffen. Die Kinder spielten im Wald und bauten Buden. Die Erwachsenen unterhielten sich. Unter anderem ging es um die jüngsten Entwicklungen von Covid-19 in Deutschland, Europa und Chile. In Chile gab es vor etwa zwei Wochen den ersten Fall und seitdem nur wenige bestätigte Fälle. Mittlerweile gab es etwas weniger als 50 bestätigte Fälle. Wir spekulierten, wann wohl hier in Chile alle Schulen schließen. Ein bis zwei Wochen vielleicht??? Oder vielleicht schneller??? Keiner kann es wissen. Wir gingen alle davon aus, dass es Montag ganz normal wieder in die Schule geht.
Samstag Abend überschlugen sich dann die Informationen. Unser Prophet (Präsident der Kirche Jesus Christi der Heiligen der letzten Tage) gab nach vielen Gebeten bekannt, dass ab sofort weltweit alle Versammlungen eingestellt werden. Auch die Tempel wurden weltweit geschlossen. Zum Glück nutzten Steffen und ich die Woche zuvor unsere Gelegenheit den Tempel zu besuchen. Das macht uns bewusst, wie ernst die Lage wirklich ist. Der Vater im Himmel würde nie so eine Anweisung geben, wenn es nicht notwendig wäre. Keine 24 Stunden später kam die Information von der Schule, dass ab Montag die Schule geschlossen bleibt und es Aufgaben für zu Hause geben wird. Chile weit werden alle Schulen geschlossen und es wurde ein Versammlungsverbot ausgesprochen. Nun ging es doch schneller als gedacht.
In den ersten homeschooling Wochen mussten die Kinder nur Mathe und Lenguaje (Spanisch) Aufgaben bewältigen. Die Mathe- und Spanisch-Lehrer hatten eine enorme Flut an Aufgaben abzuarbeiten. Sie mussten nicht nur die Aufgaben bereitstellen, sonder sollten sie auch noch korrigiert zurückgeben. Bei so vielen Schülern so gut wie unmöglich. Da meldeten sich die anderen Lehrer zu Wort und meinten, sie könnten auch Material bereitstellen. Gesagt getan. Es wurde ein Arbeitsplan entworfen, welches Fach an welchem Tag Aufgaben bereitstellt. Ich saß also jeden Abend am Rechner und scannte Lösungen ein und verschickte sie per Mail.
Steffen wollte mit den Kindern nach Desembocadura Rio Bio-Bio fahren, um den Schatz zu heben. Hans und Steffen hatten einige Woche zuvor eine Stelle gefunden, die hohl klingt. „Da ist bestimmt ein Schatz vergraben! Aber wir haben keine Schaufel zum graben mit. Dann müssen wir noch mal mit Schaufel wieder kommen.“ Bis jetzt hatte sich noch keine Gelegenheit dazu ergeben. Jetzt wollten sie die Stelle also endlich ausgraben. Leider wurde nichts daraus. Desembocadura ist geschlossen. Man durfte nicht mehr hinfahren. Sie suchten sich eine andere Stelle auf Hualpen und speilten dort eine Weile.
In Woche zwei (23. März 2020) dann die nächste Nachricht: In San Pedro de la Paz gibt es ein erhöhtes Auftreten von Covid-19. Deshalb wird San Pedro de la Paz ab Mittwoch den 25.März 2020 komplett unter Quarantäne gestellt. (Da ich aus der Erinnerung heraus schreibe, könnte es auch Dienstag gewesen sein) D.h. keiner darf ohne Genehmigung raus oder rein. Daraufhin schickte ich Steffen los, noch mal einen Großeinkauf im Jumbo (der einzige Laden mit einigen deutschen Produkten) zu machen. Wer weiß, wann wir wieder hin dürften. In San Pedro dürfen wir uns frei bewegen.
Zwei Woche vor Ostern begann die Umstellung des Systems für die großen Schüler. Die Aufgaben sollten ab jetzt über google Classroom bereitgestellt und abgegeben werden. Theoretisch sollte das eine Erleichterung für alle Beteiligten werden. Bei einigen hat es super funktioniert bei anderen weniger gut.
Und noch eine Information…. die Juli-Ferien sollen in den April verschoben werden. Nein, da wollen wir doch nach Deutschland fliegen…. Was für eine dumme Idee. Wem soll damit geholfen werden? Die Funktion der Ferien wird gerade jetzt überhaupt nicht erfüllt. Wir hofften noch, dass der Vorstand eine andere Entscheidung trifft. Allerdings muss das Bildungsministerium diese bewilligen. Kurz vor Ostern dann die Hiobsbotschaft: Das Ministerium gibt nicht die Genehmigung. Wir müssen genau die zwei Wochen nach Ostern Ferien machen. Und um noch eines drauf zugeben, in San Pedro de la Paz wird die totale Quarantäne eingeführt. Wir dürfen unser Condominio nur noch mit Genehmigung verlassen. Jetzt sitzen wir wirklich zu Hause fest, nicht einmal mehr in den Wald dürfen wir gehen. Zum Glück haben wir einen kleinen Garten mit Trampolin.